Bei der Senioren-EM feiern Asse von einst Erfolge und vor allem ein Wiedersehen

Die Medaillen-Sammlung füllt längst zwei Wäschekörbe

Peter Stein

POTSDAM (20.08.)- Hübsch sieht er aus, der kleine, mit einem Geflecht versehene Strauß mit der Sonnenblume, den Karin Illgen in ihrer kräftigen Hand hält. An die Siegerehrung hat sie sich mittlerweile gewöhnt. "Zu Hause habe ich wohl zwei Wäschekörbe voll mit Medaillen", erzählt die 61-jährige Leipzigerin.

Auch bei den Leichtathletik-Senioren-Europameisterschaften im Potsdamer Stadion Luftschiffhafen räumt sie in der Altersklasse W 60 mächtig ab. Nach dem Erfolg im Kugelstoßen gewann sie gestern das Diskuswerfen mit 38,19 m - "standesgemäß" fügte sie mit einem Gemisch aus Stolz und Selbstverständlichkeit hinzu. Denn im Umgang mit der Scheibe war sie in den späten 60er und Anfang der 70er Jahre ein Ass. 1968 in Mexiko wurde sie Olympiazehnte. 1969 Dritte der Europameisterschaften und 1970 warf sie mit 63,66 m DDR-Rekord. 17 Jahre lang habe sie nach der leistungssportlichen Laufbahn die ein Kilogramm schwere Scheibe nicht mehr in die Hand genommen. Erst nach der Wende kam sie - bedingt auch durch plötzliche Arbeitslosigkeit - wieder zum Sport.

"Verführt" hatte sie dazu aber Hella Boeker, die gestern in derselben Altersklasse wie bereits beim Kugelstoßen wieder die Bronzemedaille errang. Hinter Karin Illgen und der Russin Tamara Danilova (37,44) belegte sie mit 33,21 m Rang drei. Vor 40 Jahren, damals noch unter ihremMädchennamen Hella Ulbricht, nahm sie auch schon an Europameisterschaften teil. "Wir gehörten alle einer Trainingsgruppe beim Sportclub DHfK in Leipzig an", erzählt Karin Illgen und schließt da gleich noch Gisela Rabich mit ein, die in der W55 in Potsdam ebenso Senioren-Europameisterin im Kugelstoßen und Diskuswerfen wurde, sowie Viola Krohn aus der W45. Alle erlernten den richtigen Dreh in der Messestadt bei Karl-Heinz Bauersfeld, mit dem sie jüngst den 75. Geburtstag feierten.

Nun reisen die Sportlerinnen wieder gemeinsam durch die Lande, "wenn es das Sparbuch hergibt", meint Karin Illgen, die auch schon in Australien an den Senioren-Weltmeisterschaften teilgenommen hat. "Ob ich mir im nächsten Jahr die weite Reise nach Übersee leisten kann, weiß ich noch nicht. Aber es macht noch immer viel Freude, wir sind einfach eine prima Gruppe." Da feuert eine die andere an und die Fachsimpelei am Rande des Rings kommt auch nicht zu kurz.

Karin Illgen zeigt den lädierten Finger. "Den habe ich mir vor einer Woche verletzt. Naja, bei uns fehlte ein bisschen der Wind, um die Scheibe richtig reinlegen zu können", gerät sie ins hohe C des Werfens. In Halle habe sie in diesem Jahr schon mal 39,24 m erzielt. Natürlich trifft sie in Potsdam viele alte Bekannte. Am gestrigen Abend traten zum Beispiel die Potsdamerinnen Ilona Briesenick (W 45) und Diana Gansky (W35) in den Ring. "Na mal sehen, was die jungen Dinger noch so drauf haben", frotzelt Karin Illgen.

Quelle und mit freundlicher Genehmigung der Märkische Allgemeine